PraxedoBlog Computer oder Mensch? Wo liegt die perfekte Mischung im Kundendienst?
  • Software
  • Kundenzufriedenheit
  • Kundendienst
  • SAV
  • Satisfaction Client
  • Logiciel

Computer oder Mensch? Wo liegt die perfekte Mischung im Kundendienst?

XavierBiseul
Xavier Biseul
9. Oktober 2019
6 Min Lesedauer

Die Tendenz geht ganz klar zur Digitalisierung im Support, weil Kosten dadurch gesenkt werden und die Performance gesteigert wird. Aber Unternehmen sind dennoch gut beraten, diese Entwicklung nicht zu weit zu treiben. Die Beziehung zum Kunden beruht immer noch auf einem zwischenmenschlichen Austausch.
 
E-Mail, Live Chat, Tutoriels, FAQ, Chatbots … . Die Kommunikationskanäle haben sich in den letzten Jahren vervielfacht und dabei eine schleichende Entmenschlichung der Kundenerfahrung in Kauf genommen. Wer hat sich noch nicht mit einer Sprachbox konfrontiert gesehen, die keine sachdienlichen Antworten liefern konnte? Und schon bedauert man die Zeit in der Warteschleife eines Call Centers, in der man von unterhaltsamer Aufzugmusik begleitet wurde.
 
Auch wenn alles in Richtung Digitalisierung zeigt, bleibt der menschliche Faktor ein elementares Element in der Kundenbeziehung. Eine kürzlich durchgeführte Studie des Softwareherstellers Pegasystems erinnert uns daran: 70% der befragten Konsumenten wenden sich lieber an einen Berater aus Fleisch und Blut statt an eine künstliche Intelligenz.
 
Die Akzeptanz digitaler Lösungen kann angesichts der heranwachsenden Generation der Digital Nativs, die mit einem Smartphone in der Hand groß geworden sind, nur zunehmen. In der Zwischenzeit dürfen die aktuellen Klagen nicht ignoriert werden, denen zufolge digitale Interaktionen als kalt und steril empfunden werden.
 
Es gilt also die perfekte Mischung aus digital und menschlich zu finden, indem man das Beste aus beiden Welten kombiniert. Ein flüssiger Verlauf ohne Unterbrechungen sollte verschiedene Kontaktpunkte harmonisieren und ihre Komplementaritäten optimal ausnutzen. Eine Paralle dazu kann zum Handel „Phygital“ gezogen werden. Der Aufschwung des Online-Handels hatte keine umfassende Schließung von physischen Geschäften zur Folge.

Einfache und repetitive Aufgaben automatisieren

Die neuen Technologien haben den Ruf, einfache und repetitive Aufgaben zu automatisieren. Ein Chatbot kann zum Beispiel die Terminvereinbarung eines Technikers vor Ort steuern oder einen ersten technischen Support bieten. Ein Hotliner der Micro-Informatik muss nicht mehr die gängigen Fragen vom Typ „Haben Sie Ihren Computer schon neu gestartet?“ oder „Was sehen Sie auf dem Bildschirm?“ stellen. Selbst wenn die manchmal verwirrenden Antworten der Nutzer oft sehr unterhaltsam sind.
 
Von den Routine-Aufgaben befreit kann der Techniker sich Missionen mit einem höheren Mehrwert widmen, besser gesagt der Beziehung zum Kunden. Sein Fachwissen und seine menschlichen Soft Skills wie Empathie und Einfühlungsvermögen kommen so bestens zum Einsatz.
 

Die Wartungstechniker beruhigen

Diese Verbindung zwischen Mensch und Maschine muss mit einer HR Initiative kombiniert werden. Der Techniker soll sich von einer Maschine ersetzt fühlen. Zahlreiche Studien zeichnen zu diesem Thema eine dunkle Zukunft. Die Entwicklung der künstlichen Intelligenz führe nicht nur zum massiven Abbau von Arbeitsplätzen, der Mensch werde auch von einer Maschine verdrängt, die leistungsfähiger sei als er.
 
Angesichts dieser angsteinflößenden Vorstellungen sollten zunächst die Gemüter beruhigt werden. Die neuen Technologien dienen nicht dem Zweck, Techniker zu ersetzen. Im Gegenteil sie sollen ihren Arbeitsalltag angenehmer machen, indem sie die Techniker von undankbaren Aufgaben befreien. Durch die rationale Nutzung digitaler Tools wird der der Techniker „erweitert“ oder sogar „verstärkt“.

Mensch und Maschine: Ein Gewinner-Team für den Kundendienst

Um Missverständnisse zu vermeiden, sei hier noch einmal gesagt, dass es wichtig ist, die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine zu formalisieren. Ein digitaler Sprachassistent (Chatbot) kann zum Beispiel eine Unterhaltung beginnen und Informationen wie den Namen, die Telefonnummer und die Natur des Problems aufnehmen. Danach übergibt er an seinen menschlichen Kollegen. Dieser hat dann bereits alle Informationen auf dem Bildschirm und dann den Kunden optimal betreuen, ohne dass letzterer noch einmal alles wiederholen muss.
 
Der Chatbot wiederum schläft nie und kann einen minimalen Service rund um die Uhr (24/7) bieten und so die traditionellen Kommunikationskanäle (Call Center, E-Mail, Live Chat, …) auch außerhalb der Öffnungszeiten ergänzen. Dieser ständige Kontakt beruhigt den Kunden. Seine Anfrage wird jederzeit entgegen genommen und er muss sich nicht nach den Öffnungszeiten des Call Centers richten.
 
Aber auch komplexere Szenarien müssen vorher durchgespielt werden. Ab welcher Anzahl von nicht sachdienlichen Antworten muss der Chatbot eine Unterhaltung an einen Techniker abgeben? Experten raten hier, zwei oder drei unbefriedigende Antworten nicht zu übersteigen, da man andernfalls die Verärgerung des Kunden riskiert.

Das beste Medium für eine bestimmte Kommunikation

Außerdem sollte man das beste Medium für eine bestimmte Kommunikationsart wählen. Der Callbot – ein spezieller Chatbot zum Telefonieren – kann sehr erfolgreich interaktive Sprachassistenten ersetzen. Der Nutzer kann sein Anliegen in natürlicher Sprache frei formulieren, ohne auf der Tastatur seines Telefons Nummer zu tippen oder Schlüsselwörter zu nennen, die oft von der Maschine nicht verstanden werden.
 
Gut und bewusst eingesetzt, führt die Nutzung digitaler Tools paradoxerweise zu mehr menschlichem Kontakt im Kundendienst, weil Antworten umgehend und personalisierter gegegen werden können. Die semantische Analyse der Worte der Kunden – schriftliche Texte oder gespeicherte Nachrichten im Call Center – ermöglicht es zum Beispiel, die Einsatzanfragen nach ihrer Natur und Dringlichkeit zu ordnen.
 
Zukünftig wird die Sprach- oder Gesichtserkennung sogar Emotionen (Überraschung, Irritation, Wut usw.) eines Kunden analysieren können. Bis dahin ermöglichen es die Worte der Kunden einige statistische Hinweise zu gewinnen, um die Antworten der Techniker effizienter zu gestalten. Außerdem können so Indikatoren für die Qualität der Dienstleistung wie die Rate der beim ersten Kontakt gelösten Probleme gesammelt werden.

Einsatzanfragen vorhersehen

Auch die Analyse sozialer Netze und Diskussionsforen kann dazu beitragen, selbst schwache Anzeichen für die Unzufriedenheit von Kunden zu finden, die schnell zu Einsatzanfragen führen können.
 
Wenn man frühzeitig erfährt, dass ein Produkt zu wiederholten Defekten neigt, kann der Kundendienst die Kunden im Voraus über das Problem informieren und eine entsprechende Anzahl von Technikern in Position bringen, um die erwarteten Beschwerdeanrufe zu beantworten. Die Kunden müssen nicht lange warten und ihre Zufriedenheit nimmt zu.
 
Außerdem verhält sich ein Techniker vor Ort dem Kunden gegenüber anders, wenn er bereits weiß, dass der Kunde sich über digitale Tools beschwert hat. Eine Software zur Einsatz- und Tourenplanung stellt sicher, dass all diese Informationen an den richtigen Platz kommen.

Vertrauen aufbauen

Nach Skandalen vom Typ Cambridge Analytica und im Zeitalter der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) muss die Zirkulation dieser Daten transparent sein. Der Kunde muss wissen, welche Daten zu welchem Zweck gesammelt werden. Er muss auch zu jedem Zeitpunkt seine Zustimmung zur Datenverarbeitung zurückziehen können.
 
Mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten der europaweiten DSGVO zum Schutz persönlicher Daten ist der Respekt der Privatsphäre zu einer Top-Priorität geworden. Die Hälfte der Befragten einer Studie der Beratung Wavestone geben an, bereits Rechte aus der DSGVO (Zugangsrecht, Recht auf Löschung, Übertragbarkeit usw.) durchgesetzt zu haben.
 
Damit die Kunden wieder Vertrauen in digitale Tools fassen können, muss ein Support Service unbedingt alle technischen und organisatorischen Mittel nutzen, um den Schutz persönlicher Daten zu gewährleisten.